Pandemic Faces – 2020
Fotografie, Inkjet-Print auf Alu-Dibond, 18 x 32 cm
*

Das ist keine Bewältigungsstrategie, das ist nur das hundertfünfunachtzigste Video von Bob Ross, das wir uns anschauen. Niemand hat hier einen problematischen Medienkonsum. Die anderen haben nur einen problematischen Bezug zur Realität. Was soll das heißen, Eskapismus? Ein Eskapismus im Kleinen vielleicht, übers Smartphone. Wie soll man auch anders flüchten, wenn man mit einem Gefühl der Lähmung zu Hause sitzt? Wir wissen jetzt zweifellos mehr als 2019: Wir haben gesehen, wie viel Red Bull man trinken kann, bevor man ohnmächtig wird, wie man seine Lip-Sync-Künste verfeinert, wie man den Maya-Code entschlüsselt, was bei den Love-Island-Leuten so los ist und was sie so auf Instagram machen und was genau diese rote Flüssigkeit in dem 2000 Jahre alten Sarkophag in Ägypten ist. Wir haben Videos von zehntausend Katzen gesehen. Mindestens.
Immer schwieriger wird nur der Moment, in dem man das Handy oder den Laptop ausschalten muss. Die eintretende Stille wird täglich schwerer zu ertragen. Und wenn sie zu lange dauert, macht die Welt wieder auf sich aufmerksam. Drängt sich in unsere Gedanken und lässt uns gelähmt zurück beim Gedanken an Katastrophen, die in ein paar Jahren eintreten, oder jetzt schon eingetreten sind, nur noch nicht für uns. Das Digitale hilft uns nur wenig aus diesem Zustand heraus. Dennoch ist es ein Fenster zur Welt, zum Realen. Und wenn man schon nicht vor die eigene Tür gehen kann, dann will man wenigstens sehen, was hinter den anderen passiert.